SWR2 Tandem - Manuskriptdienst. Großvaters Doppelleben. Friederike Wigger. Montag, um Uhr in SWR2. Übernahme Third Ear / NDR 2013

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1 2 SWR2 Tandem - Manuskriptdienst Großvaters Doppelleben Autorin: Redaktion: Regie: Sendung: Anna Thaulow Karin Hutzler Friederike Wigger Montag, um Uhr in SWR2 Übernahme Third Ear / NDR 2013 Pressetext: Dies ist eine sehr persönliche Reise zu den dunklen Seiten des Familienlebens. Eine junge Frau entdeckt, dass die Vergangenheit ganz anders ist, als sie immer angenommen hat. In Erinnerungen, Tonbandaufzeichnungen und Stimmen von Familienangehörigen zeigt sich das doppelte Leben ihres Großvaters, der nach seinem Tod zwei Familien, die nichts voneinander wissen, zurücklässt. So entsteht aus dem reichhaltigen Archivmaterial in Verbindung mit Reflexionen über das Schattendasein einiger Familienmitglieder eine aufregende Geschichte über das Leben, die Liebe, den Tod und andere Geheimnisse. Link zur Sendung beim NDR: Doppelleben,doppelleben129.html 1

2 MANUSKRIPT Atmo: Kassettenrecorder Hier ist er. Kai Thaulow. Mein Großvater. Zusammen mit der übrigen Familie vor etwa 30 Jahren. Ich glaube, es ist ein Osteressen. Das gab es jedes Jahr bei den Großeltern, die ganzen 60 Jahre lang, die sie zusammen waren. Mit einem großen kalten Buffet und jeder Menge Bier. Meine Schwester liegt auf dem Teppich und gluckst das ist meine Großmutter, sie möchte noch einen Schnaps und das mein Vater, der Atmo: Babyweinen immer noch etwas essen kann Als ich klein war, konnte mein Großvater zaubern. Er konnte Sachen verschwinden lassen. Ganz gleich, wie sehr ich auch bettelte, er hat mir nie seine Tricks verraten. Er arbeitete jeden Tag viele Stunden bei Samsung. Obwohl er oft erst gegen neun Uhr nach Hause kam, haben wir ihn nie gefragt, was er eigentlich machte. Das war nicht so wichtig. Denn wenn er endlich kam, hatte er immer die Taschen voller Süßigkeiten und ein breites Lächeln im Gesicht. Atmo: Der Kassettenrecorder stoppt Als mein Großvater gestorben war, fanden wir eine große Menge unverständlicher Hinterlassenschaften. Undatierte Briefe, stapelweise gelbe Klebezettel und seltsame Banküberweisungen. Mein Vater begann gleich nach seinem Tod die Sachen zu sortieren. Und aufzuräumen. Atmo: Großvater pfeift O-TON VATER: Jeg tror faktisk allerede det var den først dag, da jeg var hos mor at jeg begyndte at kigge i mit gamle drengeværelse, hvor der gennem de sidste fem-ti år var blevet ganske rodet. Der lå kasser og låste mapper og plastikæsker og jeg ved snart ikke. 2

3 Det hobede sig op fyldt med små sedler om altmuligt. Og jeg havde sådan en voldsom og påtrængende fornemmelse af at der lå en masse hemmeligheder, noget gemt noget der ventede på at blive opdaget. Og jeg gik meget hurtigt i kast med at gå de der papirbunker igennem, som jo var kæmpestore, for at finde ud af hvad der var op og ned i det. OV VATER: Gleich am ersten Tag nach seinem Tod bin ich zu Mutter gefahren und habe in meinem ehemaligen Kinderzimmer angefangen. In den letzten fünf bis zehn Jahren herrschte dort ein ziemliches Chaos. Da stapelten sich die Sachen meines Vaters. Schachteln, verschlossene Mappen, Plastikhüllen und ich weiß nicht was. Jede Menge kleiner Zettel mit allen möglichen Notizen. Ich hatte das bestimmte und penetrante Gefühl, dass es hier große Geheimnisse gab, dass es hier etwas versteckte, das nur darauf wartete, entdeckt zu werden. Ich machte mich sehr schnell daran, diese Papierberge zu bezwingen. Sie waren riesig. O-TON FARFAR: hallo hallo.hallo OV GROSSVATER: Hallo hallo hallo. O-TON VATER: OV VATER: Men jeg fandt ikke rigtig ud af noget de første par dage overhovedet. Aber in den ersten Tagen habe ich überhaupt nichts gefunden. Atmo: Großvater summt In dem Zimmer, in dem Großvater seine privaten Papiere sammelte, hingen schwere Vorhänge vor bleigefassten Fensterscheiben. In der Ecke stand ein alter, verstaubter Papierschredder. Überall standen verschlossene Koffer und Aktentaschen. Mein Großvater saß hier oft bis spät in die Nacht und war mit seinen Papieren beschäftigt, dabei summte er und rauchte eine Zigarette nach der anderen. 3

4 O-TON VATER: Men så var der ind imellem også sedler - hvor det var indkøbssedler. Hvor der stod Ivan skjorte Inge bluse Vanja træhest (laughing) hvor det var helt tydeligt at det f.eks. var juleønsker eller huskesedler til det han skulle huske at købe. OV VATER: Da waren auch Einkaufszettel auf denen stand "Ivan Hemd Inge Bluse Vanja Holzpferd". Das waren eindeutig Weihnachtswünsche. Seine Notizen, damit er nicht vergaß, was er kaufen wollte. O-TON VATER: Vanja ist meine Schwester, und Inge und Ivan sind meine Eltern, aber auf diesen Zetteln kam auch ein anderer Name vor. Beziehungsweise ein Buchstabe. K whisky In meiner Familie gibt es keinen K. Niemanden, außer Großvater, dessen Name mit K beginnt. Und auch niemanden, der Whisky trinkt! OV VATER: Das war also der Hinweis, dass es einen K gab, um den Großvater sich kümmerte. Oder kümmern musste. Der irgendwie herum spukte. Jedenfalls hatte Vater irgendwelche Verpflichtungen. Atmo: Großvater pfeift und spielt Gitarre Nach einigen Tagen tauchte eine Adresse von K auf. Es stellte sich heraus, dass K ein Mann um die 40 war und in Ordrup wohnte, wo mein Großvater sein privates Büro gehabt hatte. Nach noch ein paar Tagen tauchte ein weiterer unbekannter Name auf. Eine Frau namens Alice. Auch sie wohnte in Ordrup. O-TON VATER: og så tænkte jeg, hvad var adressen på den der K person, der også boede i Ordrup. Og så gik jeg ind og fandt ud af at det var nøjagtigt den samme adresse. 4

5 Det vil sige at den adresse min far havde haft kontor på i 20 år med sit private enmandsfirm det var så nu også adressen på en kvinde der hed Alice og en mand der hed K. Så var jeg godt klar over at den var simpelthen ravende gal. OV VATER: Und dann dachte ich, wie war doch gleich die Adresse von diesem K, der auch in Ordrup wohnte. Ich fand heraus, dass es dieselbe Adresse war. Dieselbe Adresse wie des Büros der privaten Ein-Mann-Firma, die mein Vater 20 Jahre lang hatte. Das war auch die Adresse einer Frau namens Alice und eines Mannes K. Das war ziemlich verrückt. Atmo: Gitarre O-TON VATER: OV VATER: Vater versuchte, Kontakt zu K aufzunehmen, aber ohne Erfolg. Schließlich wandte er sich an einen Privatdetektiv. Der Detektiv untersuchte die Angelegenheit kurz und sagte, er könne nicht helfen. Aber er bestehe darauf, dass dieser K erfährt, dass Großvater gestorben ist. Der var en ugens tid, hvor jeg var rigtig mange gange ude i opgangen der og kiggede op på anden sal, hvor vinduerne var. Men det var ligegyldigt hvilket tidspunkt jeg kom på, så var der aldrig nogen hjemme. Og det lykkedes aldrig. Men til sidst besluttede jeg mig for at ligge mit mobilnummer og jeg lagde den lille seddel ind ad brevsprækken og der gik ikke mere end 3-4 timer mere tror jeg sgu ikke der gik Så ringende han faktisk.. (pause). Han havde en meget flink og behagelig stemme som spurgte forsigtigt, hvad det her handlede om. Og så fortalte jeg ham relativt lige ud ad landevejen at det handlede om at far var død for en uges tid siden at han havde fået et hjerteslag.og at han var blevet begravet og så sluttede jeg af med at sige: jeg er i øvrigt hans søn og så spurgte jeg ham direkte hvem er du? og så sagde han lige så venligt og stille men jeg er også hans søn. Eine Woche lang bin ich oft hinausgefahren und habe geschaut, ob Licht hinter den Fenstern im zweiten Stock war. Aber ganz egal, wann ich dort war, es war nie jemand zu Hause. Ich hatte kein Glück. Schließlich beschloss ich, meine Mobilfunknummer auf einen Zettel zu schreiben und ihn durch den Briefschlitz zu werfen. Es vergingen nicht mehr als drei oder vier Stunden, da rief er tatsächlich an. 5

6 Er hatte eine freundliche, angenehme Stimme und fragte vorsichtig, worum es ging. Ich erzählte ihm ziemlich gerade heraus, was Sache war, dass Vater vor einer Woche gestorben war, dass er einen Herzschlag hatte. Dass er schon begraben war. Und dann sagte ich noch: "Ich bin übrigens sein Sohn". Und dann fragte ich direkt: "Wer sind Sie?", und er sagte ebenso freundlich und ruhig wie zuvor: "Ich bin auch sein Sohn." Atmo: Musik auf Kassette, Frau singt Musik endet Das ist Alice. Nach 17 Minuten auf einer Kassette, auf der mit dünner Bleistiftschrift steht "Alice spielt und singt". Es stellte sich heraus, dass sie die Mutter von K war und 50 Jahre lang die Geliebte meines Großvaters. Sie war Großvaters Sekretärin und lernte ihn kennen, als sie 18 war. Soweit wir wissen, hatte sie bis zu ihrem Tod ein Verhältnis mit ihm. Er hatte ihr eine Wohnung in Ordrup besorgt und bekam also ein Kind mit ihr. Ohne dass jemand aus der Familie etwas wusste. Aus dem Gespräch meines Vaters mit dem Sohn ging hervor, dass Großvater täglich in ihrem gemeinsamen Zuhause war, er war der Vater und Versorger. Genau wie in unserer Familie. Er schlief nur selten dort. Der Sohn schrieb Vater direkt nach dem Gespräch mit ihm einen Brief. Dass er keinen Kontakt mit uns haben wolle, er sei in Trauer über den Tod seines Vaters und geschockt darüber, dass der eine zweite Familie hatte. Seither war es still um das Doppelleben meines Großvaters geworden. Vier Jahre lang sind keine weiteren Spuren aus der Vergangenheit zu Tage gekommen. O-TON GROSSMUTTER: Jeg har jo denne her båndoptager OV GROSSMUTTER: Ich habe doch dieses Tonbandgerät 6

7 Aber dann tauchten diese Kassetten auf als ich meine Großmutter besuchte. Sie hatte sie ganz hinten im Regal gefunden. Hvad siger du? Was hast du gesagt? O-TON GROSSMUTTER: Men jeg har jo denne her båndoptager OV GROSSMUTTER: Ich habe doch dieses Tonbandgerät Auf manchen Aufklebern standen Namen. Meine Großmutter hatte die Kassetten bisher nie bemerkt, aber jetzt wollte sie hören, was darauf war. Ich auch. Det lyder mærkeligt ikke? Das klingt merkwürdig, nicht wahr? O-TON GROSSMUTTER: Det lyder slet ikke som om der er noget? OV GROSSMUTTER: Das klingt nicht, als ob es etwas wäre? Atmo: Ein Mädchen summt Hov det er vanja! Das ist Vanja! O-TON GROSSMUTTER: Ja hun synger OV GROSSMUTTER: Ja, sie singt. Atmo: Gitarre Da war er jetzt nicht dicht genug dran. Atmo: Kassette Meine Großmutter ließ mich alle 15 Kassetten mit nach Hause nehmen, um sie anzuhören. Um auf ihnen eine Antwort zu finden. Eine Antwort auf die Frage, wie er dieses Doppelleben geführt hatte. Und warum. 7

8 Um eine Entschuldigung von Großvater zu hören, ein Geständnis. Oder eine echte Liebeserklärung an eine der Frauen oder an beide. Atmo: leiser Verkehr und Vogelzwitschern Ich bin nach Ordrup gefahren. Ich stehe vor dem Wohnkomplex, in dem Großvater und Alice wohnten. Ein rotes Klinkerhaus mit drei Etagen und Dachwohnungen. Eigenartig, sich vorzustellen, dass sie hier so viele Jahre gewohnt haben, ohne dass wir etwas wussten. Ich hatte gehofft, jemanden zu treffen, mit dem ich sprechen könnte. Nachbarn, irgendjemanden, der Großvater gekannt hat aber da war keiner. Es war ganz still. Atmo: Schritte Hier, von der anderen Seite des Hauses, kann man direkt in den Bahnhof sehen, an dem ich drei Jahre lang jeden Tag auf den Zug gewartet habe. Ich bin hier um die Ecke aufs Gymnasium gegangen. Er hätte gut da oben stehen können und sehen, wie ich auf den Zug warte. Er muss doch Angst gehabt haben, mir zu begegnen. Ich verstehe nicht, wie er sich das getraut hat! Atmo: Zug Ich fahre mit dem Zug zu meiner Großmutter. Ich möchte wissen, wie es ihr damit geht. Und was sie gewusst hat. Atmo: Schritte O-TON GROSSMUTTER: Hej! Jeg kunne slet ikke høre dig. Jeg havde lige sat mig ind og så kunne jeg ikke høre noget. Hej Skatter! OV GROSSMUTTER: Hallo! Ich habe dich gar nicht gehört. Ich habe mich gerade hinein gesetzt und gar nichts gehört. Hallo, mein Schatz! Jeg stod og ringede på rigtig længe! 8

9 Ich habe richtig lange geklingelt! O-TON GROSSMUTTER: Pludselig kunne jeg høre en lyd der var forkert. Jeg er en være én hva? Jeg sad og var optaget af det her OV GROSSMUTTER: Aber plötzlich habe ich etwas gehört, ein merkwürdiges Geräusch. Ich bin schon eine, nicht wahr? Ich war so beschäftigt mit dem hier Meine Großmutter sitzt viel vor dem Fernseher. Sie lebt immer noch in der Wohnung, in der sie und Großvater ihr Leben zusammen verbracht haben. Sie dachte, sie werde ohne Kai nicht leben können, aber jetzt ist sie schon fünf Jahre allein. Sie verpasst keine Folge der Fernsehserie Sommer, in der es ausgerechnet um einen Mann geht, der seiner übrigen Familie ein Kind vorenthalten hat und sie will lieber die Serie gucken als von mir interviewt zu werden. Atmo: Fernsehserie O-TON GROSSMUTTER: Det er to dejlige mænd der? Hvem kan du bedst lide af dem? OV GROSSMUTTER: Das sind zwei nette Männer, nicht? Welcher gefällt dir besser? Jeg kan helt klar bedst lide ham lægen. Ham Jakob. Mir gefällt auf jeden Fall der Arzt besser. Jakob. O-TON GROSSMUTTER: Ja ham der Jakob. Men der noget i ham den anden kan du tro. Der var noget jeg godt kunne lide her til sidst. Noget han gjorde. OV GROSSMUTTER: Ja, das ist Jakob. Aber der andere hat auch was, glaube mir. Neulich war da was, das hat mir gut gefallen. Was er gemacht hat. Hvad var det? 9

10 Was war das? O-TON GROSSMUTTER: Han passer godt på sin far synes jeg. Nu får vi se. Jeg er meget spændt på det OV GROSSMUTTER: Er kümmert sich sehr fürsorglich um seinen Vater, finde ich. Jetzt werden wir sehen. Ich bin sehr gespannt Tænker du meget på farfar, når du ser det her? Denkst du viel an Großvater, wenn du das siehst? O-TON GROSSMUTTER: Ja det kan du tro jeg gør! Ja sørger for hele tiden at veje op og i mod. Men det er jo alligevel noget andet. Men sådan set er det ikke noget andet vel? Det er jo det jeg prøver at finde ud af. Det er jo sådan det er. At farfar han havde hende. Men der er noget jeg glemmer. Der er noget, der ikke kommer rigtig frem hos mig. Jeg kan mærke, hvordan jeg putter det væk. Hele tiden når der er noget, så skubber jeg det væk. Det dårlige. Det et give sig hen til en mand, det er jeg altså gået meget op i. Så det er derfor - det har jeg lige så stille slettet. Der var overhovedet ingen tanker i mig om at Kai kunne gøre det. Slut! OV GROSSMUTTER: Das kannst du glauben! Ich versuche die ganze Zeit, das eine gegen das andere abzuwägen. Aber es ist ja doch etwas anderes. Aber so gesehen ist es auch wieder nichts anderes. Es ist wie es ist. Dass Großvater sie hatte. Aber das vergesse ich. Das dringt nicht richtig zu mir durch. Ich habe den Gedanken nicht zugelassen, dass Kai so etwas tun könnte. Schluss, aus! Men du har aldrig vidst at han havde et andet hjem også? Und du hast nie gewusst, dass er auch noch ein anderes Zuhause hatte? O-TON GROSSMUTTER: Nej. Det har jeg ikke. Hvordan skulle han have det? Så siger Ivan: jamen du ved da, hvornår han kom hjem her? Ja han kom hjem kl 21. Om aftenen. Hver aften. Det var hans arbejde! 10

11 OV GROSSMUTTER: Nein, hab ich nicht. Wie hätte ich das wissen sollen? Und dann sagt Ivan: "Aber du hast doch gewusst, wann er nach Hause kam!" Ja, er kam nie vor neun. Abends. Jeden Abend. Er hat gearbeitet! Musik ein altes dänisches Liebeslied. O-TON VATER: OV VATER: Ich bin aufgewachsen mit der Geschichte, wie meine Großeltern sich kennen lernten. Sie war damals 13, er 17. Wie sie sich bei den Schaukeln im Fredriksbergpark ineinander verliebten und gar nicht schnell genug heiraten konnten. Diese Geschichte hat Großvater mir unendlich oft erzählt, wenn ich auf seinem Schoß saß und Kekse in seinen Kaffee getunkt habe Er erzählte auch romantische Geschichten von ihrer Hochzeit während des Krieges, als sie kein Geld hatten. Vielleicht war es ja damals wahr. Und vielleicht war es auch wahr, als er die Geschichten bei der goldenen Hochzeit wieder erzählte. Nogle gange når vi spurgte til det, så holdt han os selvfølgelig hen. Han svarede ikke særlig konkret på det. Han sagde bare, at det var utrolig vigtigt, at han var der. Det var jo sådan noget med international transport. Og der kunne jo side 1000 ungarer og fryse i et eller andet boligselskab i Budapest og vente på en olieordre, og hvis ikke han kom på arbejde om lørdagen, så kunne de sidde og fryse hele weekenden og det kunne vi jo ikke ha. Immer wenn wir ihn danach gefragt haben, hat er ausweichend geantwortet. Er wurde nie besonders konkret. Men var der aldrig nogen der gik ham på klingen og spurgte ind til det? Aber hat ihm denn niemand mal tüchtig zugesetzt und genauer gefragt? O-TON VATER: Aldrig. Nej. Mor har sikkert gjort det tidligere, og jeg ved ikke om hun i virkeligheden havde mistanke om, at han gik og lavede andre ting. Man skulle tro det Men det var aldrig noget man diskuterede, eller noget der blev sagt højt. 11

12 OV VATER: Nein, nie, Mutter hat ihn früher sicher gefragt, und ich weiß nicht, ob sie nicht doch den Verdacht hatte, dass er etwas anderes machte. Man sollte es meinen Aber darüber wurde nicht diskutiert Atmo: Kassette Da sind sie wieder. Mein Vater, meine Tante und mein Onkel spielen mit Großvater Casino. O-TON GROSSVATER: Du har kortene? Ob mein Vater die Karten hat. O-TON TANTE: Ihh jeg gider ikke - han er ædermageme så dum Meine Tante hält es kaum aus. Er ist sooo blöd. Es klingt so, als würde meine Tante verlieren. Ich verstehe nicht, warum sie überhaupt mit Großvater spielten er gewann doch immer. Es war ein Spieler und hatte ein Pokerface, an dem sich nichts ablesen ließ wenn er dann mal wieder gewonnen hatte, konnte er seine Freude kaum verbergen und spielte Siegeshymnen auf seinem Kamm. O-TON TANTE: Du har i hvert fald kortene. Großvater hat die Karten. O-TON GROSSVATER: åh så har jeg vist heller ikke meget andet O-TON TANTE: Jo du har også sparrene har du ikke? Er hat auch Pik. Atmo Es muss ihn Kraft gekostet haben, seine Geheimnisse zu verbergen. Aber man merkte es ihm nie an. Beim Osteressen, bei der Weihnachtsente - er strahlte wie eine Sonne. Atmo: Fernsehen O-TON GROSSMUTTER: Den er grim den der hva? 12

13 OV GROSSMUTTER: Das ist schrecklich, nicht wahr? Når hun finder brevet der? Wie sie den Brief findet? O-TON GROSSMUTTER: Ja det har jeg jo også gjort nogle gange. Årh hvor jeg græd! OV GROSSMUTTER: Ja, das ist mir auch ein paar Mal passiert. Oh, wie habe ich geweint! Hvilke breve fandt du - kærestebreve? Was für Briefe hast du gefunden? Liebesbriefe? O-TON GROSSMUTTER: ja fra hende. Ork hvor hun har skrevet breve til ham. Det var det første frygtelige for mig! Jeg ordnede det skab der. Så derfor havde jeg så svært ved at bruge det skab i lange, lange tider. Jeg ordnede det og så ser jeg de her breve. Det ene tykke efter det andet. Og det læste jeg! Og det var vi ellers enige om; at vi ikke læste hinandens post. Men det gjorde jeg altså. Jeg kan huske han fik et chok. (griner) Læser du mine breve? Ja det kan du tro jeg gør!... Der skulle de mødes til Rebildfesten. OV GROSSMUTTER: Ja, von ihr. Oh je, was für Briefe sie ihm geschrieben hat. Das war das Schlimmste für mich! Ich habe einen Schrank aufgeräumt. Deswegen ist es mir lange Zeit so schwergefallen, diesen Schrank zu verwenden. Ich habe aufgeräumt und dabei habe ich die Briefe gefunden. Ich habe sie gelesen, einer länger als der andere. Eigentlich hatten wir verabredet, dass wir nicht die Post des anderen lesen. Aber ich habe es getan. Ich weiß noch, was für einen Schock er bekam. Liest du meine Briefe?" Da kannst du aber sicher sein!" O-TON GROSSMUTTER: Men jeg er ikke gået nærmere ind på det. Der har vi det igen. Jeg ville ikke vide noget! Og senere kan jeg godt huske, jeg sagde til farfar: Jeg vil ikke høre noget om al det grimme derover fra. Jeg sagde kun, jeg kan ikke leve uden dig. Livet uden dig - det er ikke noget værd. Så det har han vidst. Det har jeg i hvert fald fortalt ham. Og det samme sagde hun. Se det ved jeg. Jeg var klar over, at hun mente det samme ik? Musik: Alice spielte Gitarre und singt dazu 13

14 Hier ist noch ein Band, auf dem Alice ist. Sie war die Einzige, die alles wusste. Obwohl meine Großmutter zunächst sagte, dass sie keine Ahnung hatte, so hat sie doch etwas gewusst. Aber offenbar kannte nur sie das ganze Doppelspiel. Alice lernte Großvater kennen, als er bereits eine Frau und zwei Kinder hatte, und sie entschied sich dennoch für ein Leben mit ihm. Ein Leben, in dem sie fast jede Nacht ohne ihren Mann verbracht hat, und in dem sie für den Rest der Welt sein größtes Geheimnis war. Ich stelle sie mir mit langen blonden, zu einem Knoten hochgesteckten Haaren und Faltenrock vor. Die ewig junge Sekretärin. Atmo: Lachen vom Diktafon. Ein Mann summt und singt "but please forgive me?" Hier kann man fast nicht hören, was passiert, aber ich bin mir sicher, dass Großvater in seiner Wohnung in Ordrup ist. Ich glaube auch, dass er mit K spricht. Atmo: Flaschenklirren. Gemurmel O-TON GROSSVATER: ej jeg vil heller have cola. O-TON K: Sie trinken Limonade. Den smager meget godt! Sie schmeckt K. Atmo: Gemurmel Ich höre auch die Stimme von Alice. Aber die Aufnahme schnarrt zu sehr, ich verstehe nicht, was sie sagt. Atmo: Telefon klingelt Jetzt klingelt das blöde Telefon, wie Großvater sagt. O-TON GROSSVATER: Er det telefonen?...den åndsvage telefon. jah! Nåh hejsa! Meine Großmutter ist dran. 14

15 O-TON GROSSVATER: Hvad siger du så? Jetzt steckt er in der Tinte. Zwischen zwei Familien. O-TON GROSSVATER: Ej men jeg ved jo ikke noget endnu Er zögert. Weiß noch nicht, wann er kommt. O-TON GROSSVATER: Men det varer længe jo jeg slider bravt i det med tallene. Er sitzt noch über seinen Zahlen. Schafft es noch nicht. Das ist auf jeden Fall gelogen. Er trinkt Cola mit K und Alice. O-TON GROSSVATER: Nej ikke endnu. Komisch, dass er seine Ausreden und Lügen aufgenommen hat. O-TON GROSSVATER: Jaja hvis du er indforstået med at det varer længe... ja det ved jeg ikke..det er muligt. Det kan også blive lidt senere endnu. Nå men så ringer jeg. Jo. Så ringer jeg op, når jeg ved det. Okey, skal vi sige det? Det er godt. Så hej så længe.hej hej. Könnte sein, dass es etwas länger dauert. Er weiß nicht. Das ist möglich. Es kann auch noch etwas später werden. Aber dann ruft er an. Er ruft an, wenn er Bescheid weiß. Atmo: Telefon wird aufgelegt. Der Sohn im Hintergrund ist auf einmal ganz still. Was er wohl denkt? Was glaubt er, mit wem sein Vater telefoniert? Mein Vater begegnete K zufällig ein Jahr nach Großvaters Tod. Beide Söhne tanzen in ihrer Freizeit leidenschaftlich gern Tango, und sie hatten sich zum gleichen Sommerkurs an einer Hochschule in Jütland angemeldet. Es war das erste und einzige Mal, dass sie über Großvater sprachen, und es verging eine ganze Woche, bis sie sich dazu aufraffen konnten. Sie hatten am ersten Tag ein Namensschild getragen, sie wussten also beide, wer der andere war. 15

16 O-TON VATER: OV VATER: Det var først den allersidste dag, hvor vi stod og skulle sige farvel til alle., hvor jeg tænkte - ej vi kunne jo ikke skilles uden at jeg havde spurgt til det på en eller anden måde. Og så da jeg mødte ham og trykkede hans hånd eller gav ham et lille kram i al venskabelighed så spurgte jeg ham, hvordan han havde det, om han tænkte meget på det? Og hvordan det havde været for ham, at farfar var død? Og det var meget naturligt vil jeg sige. Han snakkede meget lige ud af posen. Men det indtryk jeg fik af at tale med ham, det var faktisk at far jo var der dagligt. At han var en næsten almindelig far, der bare ikke sov hjemme, som min halvbror sagde: far han var en ganske almindelig far han sov bare ikke hjemme.(griner) Og jeg synes jeg havde en hel almindelig far, han kom bare sent hjem ik?... og det har selvfølgeligt også, sådan forstod jeg det på min halvbror, været sådan, at han har jo efterladt et omsorgshul på en eller anden måde. Vi har jo ikke haft en rigtig far nogen af os! Men omvendt har vi jo heller ikke haft det sådan, at han har været fuldstændig væk. Erst am allerletzten Tag, als sich alle voneinander verabschiedeten, da dachte ich, wir können doch nicht auseinander gehen, ohne etwas gefragt zu haben. Und als ich ihm zum Abschied die Hand gab und ihn leicht umarmte, fragte ich ihn, wie es ihm geht, ob er noch viel daran dachte. Und wie es für ihn war, dass Großvater tot war. Es war ganz natürlich, würde ich sagen. Er sprach auch ganz normal, irgendwie selbstverständlich. Ich bekam den Eindruck, als ich mit ihm sprach, dass Vater tatsächlich jeden Tag dort gewesen war. Dass er fast ein normaler Vater war, der nur nicht zu Hause schlief. Mein Halbbruder drückte es so aus: "Vater war ein ganz normaler Vater er schlief nur nicht zu Hause." Und ich finde, ich hatte einen ganz normalen Vater, er kam nur immer spät nach Hause, nicht wahr? Und natürlich, so verstand ich meinen Halbbruder, hat er irgendwie eine Lücke hinterlassen. Atmo: Babylallen und Gemurmel O-TON MUTTER: Vi kom til at snakke om har vi egentlig været her os fire siden jul? Det har vi egentlig ikke har vi? Meine Mutter fragt auf der Kassette, ob eigentlich alle vier seit Weihnachten hier waren. Waren sie nicht, oder? 16

17 Atmo: Babylallen ANNA DÄNISCH: Jeg tror, det er mig, der ligger og gurler på det her bånd. Ich glaube, das lallende Baby auf diesem Band bin ich. Wieder ein Familienessen. Die beiden Welten, die er so tapfer getrennt gehalten hat, liegen gleichzeitig und Seite an Seite auf den Tonbändern in seinem Koffer. Hier sitzen wir wieder um den Tisch der kleinen Familie. Wir essen Hummer und trinken Schnaps, und wir glauben, dass die Realität so und nicht anders ist. Atmo: Band gestoppt. Tür wird geöffnet, Vogelzwitschern, Schritte auf Asphalt. O-TON GROSSMUTTER: Nej hvor er her lunt. Hold da op Anna. Hvor er det lunt. OV GROSSMUTTER: Nein, wie heiß es ist. Mach langsam, Anna. Es ist so heiß. så lunt. Sehr heiß. O-TON GROSSMUTTER: Ja la mig ta dig i hånden. Det hjælper så godt. Det er sådan en dejlig tur. Kan du se, det var her Kais mor boede? OV GROSSMUTTER: Ja, gib mir deine Hand. Das hilft. Das ist ein so schöner Spaziergang. Siehst du, da oben, wo Kais Mutter gewohnt hat? nå Kais mor? Was? Kais Mutter? O-TON GROSSMUTTER: Deroppe. Ja. Stuen første andet sal til venstre. Der boede hun. Så der var Kai over hver aften og sige godnat til hende. Hver aften. Så muggede jeg jo lidt. OV GROSSMUTTER: Da oben, ja. Das Wohnzimmer. Zweiter Stock links. Da hat sie gewohnt. Kai ist jeden Abend hinüber gegangen und hat ihr gute Nacht gesagt. Jeden Abend. Das hat mich schon geärgert. 17

18 Han har haft travlt. Så han har måske set tre damer på en dag? Er hat es nicht leicht gehabt. Er hat also vielleicht drei Frauen an einem Tag getroffen? O-TON GROSSMUTTER: jaja mindst! OV GROSSMUTTER: Ja, mindestens. Kan du godt tilgive farfar? Kannst du Großvater verzeihen? O-TON GROSSMUTTER: Hmm ja men det har da taget sine år ikke? Det er først nu, at jeg begynder at se det. Ligeså stille så ser jeg det hele klarere. Altså jeg ser det i Kais ånd ikke? Det er det, der er sket med mig. At jeg ser det ikke som min, jeg ser det som om det har været Kais kamp. Han er jo også blevet hos mig, som jeg bad om ikke? Han har jo ik kunnet sige det Anna. Det er klart. Han har jo vidst bedre. Det havde jeg ikke kunnet tage. Det tror jeg ikke, jeg havde klaret Så sikken et par kvinder at have. Et elske dem så højt og de elsker ham. Jahh.Det var jo noget man godt lige kunne tænke sig at få lidt svar på OV GROSSMUTTER: Das hat schon gedauert, ein paar Jahre. Erst jetzt kann ich es richtig sehen. Ganz allmählich sehe ich das Ganze etwas klarer. Also in Kais Sinne, verstehst du? Das, was mir angetan wurde. Ich sehe es nicht als meinen, ich sehe es als Kais Kampf. Er ist schließlich bei mir geblieben, worum ich ihn gebeten hatte, nicht? Er hätte es nicht sagen können, Anna. Das ist klar. Das wusste er. Ich hätte es nicht ausgehalten. Ich hätte es nicht ertragen, glaube ich. Aber auf so manches hätte man doch gerne eine Antwort bekommen. ja O-TON GROSSMUTTER: Men det får jeg altså ikke så jeg må jo svare selv. OV GROSSMUTTER: Aber die bekomme ich nicht. Ich muss mir selbst die Antwort geben. Atmo: Musik von der Kassette, Spulen 18

19 Ich bin jetzt bald mit den Bändern fertig. Ich glaube, es ist an der Zeit, dass sie auf den Speicher kommen. Ich habe nun alle 15 Kassetten von Anfang bis Ende gehört, sie haben jetzt Nummern, Titel und Jahreszahlen, ich habe zum Teil raten müssen. Diese eigenartigen Schnipsel aus einem alltäglichen Leben auf denen es eigentlich so klingt, als sei es ihm in beiden Familien gut gegangen. Bei beiden Frauen. So gut, dass er nette Situationen in beiden Familien aufgenommen hat. Und auf denen er Bruchstücke der Doppelexistenz, die er sein ganzes Leben verbergen konnte, bewahrt hat. Er hat gewusst, dass wir sie eines Tages finden würden genau wie die Briefe von Alice und die Notizen über K. Und er hat alles aufgehoben. Vielleicht hatte er doch irgendwie das Bedürfnis, uns zu berichten, dass diese parallelen Leben für ihn existiert haben. Vielleicht ist das eine Antwort: er hat 50 Jahre lang ein Doppelleben geführt, weil er tatsächlich die meiste Zeit gerne an beiden Orten war. Vielleicht gaben ihm zwei Familien mehr Liebe als eine. Näher komme ich ihm nicht. Jetzt bringe ich die Kassetten auf den Speicher und Großvater bekommt seinen Frieden. 19